Donnerstag, 30. April 2020, von staromat

Mein Leben in Platten – Teil 1

Sollten dereinst bei mir die (DJ)-Lichter ausgehen und mein Leben noch einmal in Bildern vor mir vorbeiziehen, so könnte es gut sein, dass diese rund daherkommen und ein Loch in der Mitte besitzen. Herzlich Willkommen zu Teil 1 meines Lebens in Platten!

Das Verfassen einer ordentlichen Autobiographie muss früh begonnen werden! Das sagte ich mir bereits vor 13 Jahren, als ich das erste Kapitel meiner DJ-Memoiren hier veröffentlichte. Dessen reissender Boulevard-Titel sorgte zwar für gehörig Traffic(k) auf diesem Kanal, auf eine Fortsetzung wartet die Welt jedoch seither vergeblich.

Ich gab meinem Leben eine zweite Chance und versuchte, es in erzählten Bildern zu beschreiben. Doch auch die Serie „Lebensmomente“ blieb bis anhin ein One-Hit-Wonder.

Was wäre jedoch, wenn man seine Memoiren nicht in Worten oder Bildern, sondern in Plattenhüllen erzählen würde?

 

Mein Leben in Platten – Teil 1
Die Kindheit

 

Der Mäusesheriff

„Der Mäusesheriff“ steht stellvertretend für meine ersten Kontakte mit der vinylen Welt (und der Musik). Unzählige Stunden sass ich damals im Wohnzimmer vor unserer Stereoanlage und legte eine Scheibe nach der anderen auf den Plattenteller. Und da wir vermutlich nicht einmal 10 davon hatten, ging es jeweils nicht lange, bis ich ALLE in den Geschichten vorkommenden Lieder auswendig konnte.

Meine Kids lauschten 35 Jahre später denselben Erzählungen, hochgeladen auf den hauseigenen MP3-Player, das verzauberte In-den-kleinen-Händen-Halten der prächtig grossen Hüllen blieb ihnen jedoch verwehrt…

Ebenfalls nominiert in dieser Kategorie waren:

  • Dominik Dachs und die Katzenpiraten („Denkt euch nur, der Frosch ist krank, er liegt auf der Ofenbank“.)
  • Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer (im Lädeli vo dä Frau Waas würde ich heute noch gerne einkaufen gehen.)
  • D’Schlieremer Chind („dä Flikli“ singe ich heute noch unter der Dusche.)

Heino

Irgendwann Ende der 70er Jahre stellte ich begeistert fest, dass sich im Plattenregal neben all den Märli- und Chasperli-Scheiben auch Alben befanden, welche ausschliesslich mit Musik gefüllt waren!

In einem davon wurden blaue Enziane besungen und ich bin mir sicher, Heino trug einen grossen Teil dazu bei, dass ich mich auch heute noch leidenschaftlich mit der Sprache auseinandersetze! Wenn er nämlich von seinem Polenmädchen sang („Sie war das allerschönste Kind, das man in Polen find“) dann hat mich als 7jähriger Knirps schon in den Wahnsinn getrieben, DASS DAS DOCH GOPFERTORRI KEIN KORREKTER DEUTSCHER SATZ IST! Entweder Herr Heino bleiben Sie von der Zeit her in der Vergangenheit oder dann reimt es sich halt nicht! Basta!

Trotzdem oder gerade deswegen haben sich die Melodien und Texte auf dieser Platte tief in mein Innerstes eingegraben. Sollte es stimmen, dass man im Alter bei einer Demenz als Allerletztes diese Dinge vergisst, dann macht euch schon mal auf was gefasst, liebe zukünftige Altersheim-Betreuerinnen und -Betreuer von Very Old Staromat! Da schmettere ich euch dann den einen oder anderen Gassenhauer um die Ohren, dass ihr euch einen Pamir oder zumindest einen Knebel herbeisehnen werdet! „Ja, wir sind die lustigen Holzhackerbuam, uns lieben die Madel’n, uns hassen die Buhm’n Holliladiho Holliladiho“.

Ebenfalls nominiert in dieser Kategorie waren:

  • Mireille Mathieu (bei dieser Frau habe ich mich nur schon in den Namen verliebt! Und mit einem gehörigen „Akropolis Adieu“ werde ich wohl auch in vorgenanntem Altersheim meinen Abgang in voller Pracht inszenieren.)
  • „Der Gefangenenchor der Strafanstalt Regensdorf singt Weihnachtslieder“ (diese Platte besassen wir wirklich, kein Scheiss! Eventuell arbeite ich deswegen heute bei der Justiz – oder habe zumindest mein Weihnachtstrauma daraus gezogen.)
  • Udo Jürgens (nicht nur wegen seiner schmissigen Boogie-Woogie-Songs oder des Vielen-Dank-Tom-und-Jerry-Titelliedes! Sein leider wenig bekanntes Stück „5 Minuten vor 12“ schlug bei mir als 10jähriger Knabe ein wie eine Bombe. Würde Udo heute noch leben – und besässe er eine Zopf-Perücke – könnte er mit diesem Lied als Greta-Thunberg-Double locker eine zweite Karriere angehen!)

ABBA

Die Entdeckung von ABBA stellte gleichzeitig auch den Abschluss meiner Kindheit dar. Diese Melodien! Diese Frauen! Lange bevor ich mich wirklich für Letzteres zu interessieren begann, zeigte mir Ersteres, dass da mehr auf dem eigenen Planeten schlummern musste als bloss Tipp-Kick, Commodore 64 und Karl-May-Bücher.

  • „If you change your mind, I’m the first in line“
  • „I’ve been cheated by you since I don’t know when“
  • „Super Trouper beams are gonna blind me“

Egal welchen Song von ABBA man aussucht, von der ersten Songzeile an wird man auf eine zauberhafte Reise mitgenommen, eine Reise, die man vielleicht schon über hundert Mal unternommen hat, zu welcher man jedoch stets wieder von neuem mit dem gleichen Leuchten im Herzen antritt!

ABBA haben aus mir zwar noch keinen Mann, aber sicher einen DJ gemacht!

Ebenfalls nominiert in dieser Kategorie waren:

  • Boney M. („Rivers of Babylon“ mussten beide Kinder von mir mindestens 7 Jahre lang vor dem Einschlafen anhören. Und zwar in der Live-Cover-Version gesungen von Staromat!)
  • Earth, Wind & Fire (Spricht man den Titel dieser Band mit einem starken deutschen Akzent aus, klingt das äusserst belustigend.)
  • Harpo (dessen „Moviestar“ begleitete mich als DJ durch über 100 Hochzeiten. Früher oder später landete ich immer bei ihm.)

* to be continued*

 

Mein Leben in Platten – Eine Autobiographie in runden Scheiben

Bisher erschienen:
Teil 1 – Die Kindheit
– Teil 2 – Jung und verdammt (heiss auf Musik)
– Teil 3 – Die Pubertät
– Teil 4 – Musig us dä Schwiiz

Based on a true Story – Staromat erzählt als offenes Buch Geschehnisse, die sein Leben bewegten. 

Hier geht’s zu allen Erlebnissen!

 

3 Kommentare zu „Mein Leben in Platten – Teil 1“

  1. Helena sagt:

    Lieber Staromat du hast meinen Alltag erhellt. Danke für deinen Text!

  2. Dani B. sagt:

    Deine Offenbarungen sind der absolute Wahnsinn… vielleicht trällern wir ja dann gemeinsam im Altersheim… wer weiss?

  3. Rolf sagt:

    Und wenn der Gefangenenchor wieder draussen ist, klaut er alle eure Weihnachtsgeschenke.

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