Mittwoch, 14. Januar 2009, von staromat

„Gestatten, Rossi“

Die ganz grossen Klassiker (4): Über 30 Jahre ist es mittlerweile her, da hat sich ein kleiner Herr mit grossem Herz aufgemacht, das Glück zu suchen und ist dabei stets konsequent und sehr variantenreich gescheitert. Willkommen in der Welt des Herrn Rossi.

Früher war nicht nur alles besser, früher hatten auch die Zeichentrickserien noch wirklichen Inhalt. Herr Rossi zum Beispiel ist am Förderband seiner Fabrik für die manuelle Füllung der Fischkonservenbüchsen zuständig (in jede Büchse eine Sardine oder wie es Herr Rossi selbst ausdrückt: „Ich habe einen verantwortungsvollen Spezialjob. Eine Arbeit, die mir grosse Befriedigung gibt.“). Abends sinniert er bei einem Glas Milch und einer – wie könnte es anders sein – Sardine über sein Leben. Das klingt dann so:

„Ich stehe morgens auf, wenn Leute mir sagen, dass ich aufstehen muss, ich esse, wenn Leute mir sagen, dass ich essen muss, ich denke, wenn Leute mir sagen, dass ich denken muss (und immer das, was sie wollen, das ich denken soll). Ich bin ein Mensch mit gesicherter Zukunft, die bereits von anderen geplant worden ist.“

Glücklich ist Herr Rossi jedoch trotz seiner gesicherten Zukunft nicht. „Wenn man’s genau betrachtet, zähle ich doch gar nichts. Ich bin eine Null, ein Nichts, aber das will ich nicht mehr. Andere können alles haben, können sich an Feinstem laben und von eben diesen Gaben möchte Herr Rossi auch was haben.“

Und so beginnt eine Odyssee, die unterhaltsamer nicht sein könnte. Zusammen mit seinem Hund Gastone sucht Herr Rossi das Glück mittels Zeitreisen, Träumen und Ferienausflügen, doch wird er weder in der Steinzeit oder im Wilden Westen, als Filmstar oder als Astronaut, am Meer oder in den Bergen fündig. Stets landet er nach 20 Minuten wieder erschöpft und ausgelaugt zuhause in seiner kleinen Wohnung, wo er dann jeweils früh zu Bette gehen muss, da am nächsten Tag wieder unerbittlich das Förderband auf ihn wartet.

Wer trotz allem noch immer Mühe bekundet, die Moral der Geschichte herauszufiltern, dem hilft bereits in Folge 1 eine leicht durchgeknallte Fee auf die Sprünge: „Es ist sinnlos, das Glück woanders zu suchen. Das Glück schafft man sich im eigenen Haus im Alltag. Sei fleissig und du wirst es früher oder später finden, wenn du dich darum bemühst.“

Das war mal noch eine Message. Nicht bloss „Oh my God, they killed Kenny!“ oder dergleichen, nein: Liebe Kinder, gebt gut acht, auch wenn ihr voraussichtlich euer ganzes zukünftiges Leben Sardinen in Büchsen abpacken werdet, seid fleissig, begehrt nicht auf und träumt ja nicht von dummem Zeug.

Das erinnert mich doch stark an einen Satz, welchen ein guter Freund kürzlich von seinem Förderband aus an meines mailte:

„In mir macht sich langsam die Erkenntnis breit, dass Leute, die ständig Vollgas geben müssen um ihre Arbeit anständig erledigen zu können und zugleich sich auf unserem Lohnniveau befinden, mit den Pyramidensteinschleppern im alten Aegypten viel gemeinsam haben.“

Zum Abschluss hier die sensationelle Titelsequenz mit der bezaubernden Herr-Rossi-Melodie. Dabei handelt es sich um 1.41 Minuten, während denen man das Glück ganz sicher nicht woanders suchen gehen wird…


In der Reihe „Die ganz grossen Klassiker“ wird an TV- und sonstige Perlen aus längst vergangenen Zeiten erinnert. Der Jugend von heute soll damit eine Möglichkeit gegeben werden, ihren diesbezüglichen Musicstar-Supermodel-Holt-mich-aus-dem-Dschungel-Horizont erweitern zu können. Die alten Säcke unter uns dürfen in Erinnerungen schwelgen…

Bisher ausgegraben:

  1. Die Ente bleibt draussen!
  2. Der Hafer- und Bananenblues
  3. Palim-Palim!

Voll Retro: Früher war nicht alles besser – aber lasst uns trotzdem von früher sprechen.

Hier geht’s zu allen nostalgischen Retro-Träumereien!

 

3 Kommentare zu „„Gestatten, Rossi““

  1. michi sagt:

    ich habe die ganze signor-rossi sammlung auf dvd, kannste mal vorbeikommen. Du darfst aber ruhig auch erwähnen, dass Herr Rossi durchaus auch etwas für Kiffer und sonstige Drogenfreaks ist. Viele bunte Farben, eingängige Lieder mit abgefahrenen Texten und Tanzeinlagen, wie es sie nicht mal bei Bollywood gibt, erweitern das Bewusstsein auch ohne zusätzliche Substanz. Ein Glas Milch reicht vollkommen.

    Uebrigens kürzlich gesehen: ein Kurzfilm über einen extrem nervigen, paranoiden und selbstmordgefährdeten Typen namens René. Beste Szene: René füttert am See die Enten und ruft: Ihr wollt doch nur mein Brot… Leider war der Film dann noch nicht zu Ende. DVD kannst du von mir ausleihen, schauen will ich das nicht, weder mit dir noch mit sonst wem.

  2. Peter sagt:

    WOW! Das bringt einen zurück in alte Zeiten! Sehr schön…

    @Michi Ich wusste garnicht, dass es davon ne DVD gibt! Wo bekommt man die ?

  3. michi sagt:

    @peter: es gibt sogar drei. einfach bei patric kopieren

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