Dienstag, 9. Januar 2007, von staromat

Hurra! Ich bin reich!

Da das seit langem erwartete 2-Milliarden-Dollar-Übernahme-Angebot für Logorö.ch bisher nicht eingetroffen ist, musste ich einen anderen Weg zum Reichtum suchen. Ich fand ihn ziemlich schnell. Es genügte, meine Mailbox zu öffnen…

Beinahe hätte ich vor zwei Wochen die Nachricht ungelesen als Spam gelöscht, da deren Absenderin (vermutlich aus Versehen) den Betreff „Glückliches Neues Jahr!“ gewählt hatte. Gott sei Dank ging ich auf Nummer sicher und öffnete das Mail. Ich wurde nicht enttäuscht.

„Auch wenn dieser Brief Sie sicherlich überraschen wird, nehmen Sie sich bitte einen Moment Zeit um ihn zu lesen. Es ist sehr wichtig.“

Hoppla! Überraschungen habe ich immer gerne und wenn’s wichtig ist…

„Ich bin Ross Petermans und ich arbeite bei einer Finanzhaus in den Niederlanden.“

Eine Holländerin! Mit dem dazugehörigen niedlichen Akzent. Ich arbeite bei einer Finanzhaus. Linda de Moll hätte es nicht schöner formulieren können. Doch, wie kommt die hübsche Holländerin denn auf mich?

„Ich habe Ihre Adresse durch den International Web Directory Online gefunden.“

Heiliger Strohsack! Wo ich überall verzeichnet bin! Ist ja nicht zu fassen! Doch Frau Petermans lässt mir keine Zeit, mich zu wundern. Sie kommt gleich zur Sache.

„Während unseres letzten Treffens und Überprüfung der Bankkontos hat meine Abteilung ein untätiges Konto mit einer riesigen Geldsumme, US$ 6,500,000.00 (Sechs Million fünfhundert tausend US Dollar) gefunden, das einem unseren gestorbenen Kunden gehört: Herr Williams aus England.“

Sechs Million fünfhundert tausend US Dollar! Ja, aber…

„Er ist gestorben und hat keine Begünstigten hinterlassen.“

Ach so.

„Wegen unseren Finanzhaus vorschriften kann nur ein Ausländer als nächster Verwandten stehen und deshalb habe ich mich entschlossen Sie zu kontaktieren, um mit Ihnen zusammen zu arbeiten um diese untätigen Fonds zu reaktivieren.“

Na, jetzt beginnt die Sache interessant zu werden. Untätige Fonds, für einen Schweizer wie mich eine furchtbare Vorstellung. Aber jetzt gehen wir die Sache ja an, Frau Petermans und ich. Geld muss arbeiten, das wissen wir seit einer TV- und Kino-Werbung doch alle. Wie kann ich denn helfen?

„In Namen meiner Kollegen suchen ich Ihre Erlaubnis als nächster Verwandte unseres verstorbenen Kunden zu stehen, so dass die Fonds freigestellt und auf ihr Konto überwiesen werden können. Sie würden zum nächsten Verwandten des Begünstigten werden und die Fonds werden in Ihre Verantwortung freigestellt werden.“

Ja, aber warum…

Wir dürfen mit ausländischen Kontos nicht arbeiten, das könnte in der Zeit der Überweisung auffallen. Ich arbeite noch bei dieser Finanzhaus, das ist der eigentliche Grund, dass ich eine zweite Partei oder Person benötige, um mit mir  zu arbeiten und Anforderungen als nächster Verwandte zu schicken und auch um ein Bankkonto bereit zu stellen, oder eines bei einer neuen Bank zu eröffnen, um die untätige Fonds zu erhalten.“

Schon wieder dieses schreckliche Wort! Aber mit dem zweiten dieser Finanzhaus hat mich Linda äh Ross überzeugt. Ich bin dabei! Was springt denn für mich dabei heraus?

„Am Ende der Transaktion werden Ihnen 40% Prozent zustehen, zur Seite gelegt und 60% werden für meine Kollegen und mich sein.“

40 Prozent! Von sechs Million fünfhundert tausend US Dollar! Scheisse, das sind ja über zweieinhalb Million US Dollar! Hoffentlich hat Frau Peterhans dieses Mail nur an mich geschickt! Zweieinhalb Millionen! Da kauf ich mir als erstes gleich ein Marktforschungsinstitut und setze es eine Woche lang ausschliesslich auf einen Matratzenverkäufer in Zürich an. Bloss, was muss ich für dieses viele Geld denn tun?

„Was ich von Ihnen verlange ist als nächster Verwandte des Verstorbenen zu stehen. Ich besitze alle notwendigen Dokumente um die Transaktion erfolgreich zu verwirklichen. Weitere Informationen werden Sie so bald ich Ihre positive Antwort bekomme erhalten.“

Ja, eilt es denn, Frau Peterhans?

„Ich schlage Ihnen vor so bald wie möglich mir zu antworten. Wir haben nicht viel Zeit diese unglückliche Situation zu ändern und ich befürchte, dass ohne Ihre Hilfe alles verloren gehen wird.“

Uiuiuiuiui! Mein schönes Marktforschungsinstitut den Bach runter? Niemals! Schnell! Wann? Wo? Wie?

„Wegen der Vertraulichkeit bitte ich Sie mir auf meine privaten Email Adresse mit folgenden Angaben zu antworten: Vollständiger Name, Adresse, Telefon- und Faxnummer. In Erwartung Ihrer Antwort, verbleibe ich, mit freundlichen Gruessen, Ross Petermans.“

Tja, so schnell kommt man ans grosse Geld! Während andere sich Tag für Tag 8 Stunden ans Fliessband ketten lassen und dennoch auf keinen grünen Zweig kommen, klicke ich mich ins Glück. Die Holländer waren mir schon immer sympathisch. Ich musste Ross (wir sind bereits per Du miteinander) danach auch bloss meine Kreditkarte mit Pin-Code nach Amsterdam schicken, damit sie das Geld ohne Verdacht zu erwecken überweisen konnte. Die gute Frau denkt aber auch an alles. Um Zeit zu sparen habe ich meinen Job bereits gekündigt und überprüfe seither täglich den Kontostand.

Und seit gestern gehört mir ein Marktforschungsinstitut.

Konsumtempel: Produkte, Markenartikel, Superschnäppchen – Wer permanent an der Angel des Kapitalismus hängt, dem hilft ein Gang in den logoröischen Erholungs-Schrein.

Hier geht’s zu weiteren marktschreierischen Angeboten!

 

1 Kommentar zu „Hurra! Ich bin reich!“

  1. Hierro sagt:

    … und ich bin deiner neuer Marketing-Mitarbeiter!

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