Mit Velohandschuhen auf den Mount Everest
Eine Seefahrt, die ist lustig, eine Seefahrt, die ist schön. Doch da mir auf dem Wasser schwindlig wird, lasse ich das lieber bleiben und konzentriere mich aufs Fahrradfahren. Denn auch da kann man höchst amüsante Situationen erleben.
Unmittelbare Soforthilfe
Da ich auf den heutigen Tag seit Jahren (Jahrzehnten) mal wieder eine grosse Velotour just by myself plante und dementsprechend angespannt war, legte ich bereits gestern Abend schon alles dafür Benötigte schön penibel auf unserem Tisch passend hin. Trinkflasche, Regenjacke, Banane, eine dünne Kappe für unter den Helm UND vor allem meine coolen Ranger Gel Velohandschuhe. Die wollte ich unbedingt tragen, weil sie a) sauteuer waren und b) wirklich sehr praktisch sind.
Dann der grosse Morgen! Frau Staromat war mit Staro Junior schon in aller Herrgottsfrühe zu einem Fussballturnier aufgebrochen, so dass „nur“ noch Little Miss Staromat (die gar nicht mehr so little ist, sondern mit ihren bald 13 Jahren gehörig für Pfeffer im Haushalt sorgt) zuhause war, als ich die grosse Reise antrat. Alles verlief bestens, bis zum Moment, wo ich die Handschuhe anziehen wollte. Diese waren weg! Nicht auf dem Tisch, nicht beim Velo und auch sonst nirgends.
Verzweifelt begab ich mich auf die Suche. Hatte ich sie heute Morgen unkonzentriert vom Tisch genommen und in eine Jackentasche gesteckt? Legte ich sie in den Kühlschrank, als ich mein Morgenmüesli zubereitete? Wurden sie von Aliens gestohlen, als ich kurz nicht hinsah?
Und während ich immer nervöser durch die Wohnung düste, kam Little Miss Staromat auf mich zu und wollte über einen Zusatzkredit heutiger Youtube-Minuten verhandeln. Ich schenkte ihr null Aufmerksamkeit, da diese vermaledeiten Handschuhe jetzt einfach zuerst gefunden werden mussten! Little Miss Staromat liess nicht locker, lief mir die ganze Zeit nach und begann an mir herumzuzupfen, was ich nicht ausstehen kann. Als ich vor unserem Garderobenschrank stand, wurde es mir zu viel und ich plärrte: „Gopfertorri Tochter! Du würsch mir gschiider bim Händsche Sueche hälfe, statt nume z‘nerve!“
Und weil mir dies etwas gar wirsch über die Lippen kam, stellte Little Miss Staromat ihre Kontaktversuche geknickt ein und liess mit einem lauten, erschöpften Seufzer ihren Kopf sinken.
Wodurch sie meine Power Gel Handschuhe auf dem Kinderstuhl vor der Garderobe erblickte.
Auf dem Gipfel
45 anstrengende Kilometer später befand ich mich in Brugg unterhalb des Bözbergs und wusste: Jetzt gab es kein Zurück mehr! Der Bözberg ist ein ganz übler Sauhund und meine Aufgabe war es, diesen zu knechten und in die Knie zu zwingen.
Wie befürchtet ging es dann aufwärts, aufwärts, nur noch aufwärts. Bald waren Lenkrad und Fahrradrahmen dermassen mit Schweisstropfen übersät, dass es genauso gut auch hätte regnen können. Ich versuchte es mit einer möglichst ausgeglichenen Yoga-Atmung und konzentrierte mich primär darauf, aufkommende Muskelkrämpfe frühzeitig zu erkennen. Irgendwann fühlte ich mich weit über der Baumgrenze, da meine Kraft nur noch ausreichte, die Augen ausschliesslich auf die trampenden Beine und den rotierenden Zahnkranz zu richten. Die Luft wurde dünner und dünner und plötzlich wurde mir bewusst, dass ich – sollten mir genau jetzt die Lebensgeister ausgehen – in dieser Höhe mit Sicherheit nicht mehr ins Tal transportiert werden könnte und so als eingefrorene Wegmarkierung in den Extrem-Bergsteiger-Führern enden würde.
Endlich auf der Bergspitze angekommen, suchte ich voller Enthusiasmus das Gipfelkreuz und den darunter befestigten Blechkasten mit regenfestem Deckel, um mich mit stolzer Brust im Gipfelbuch einzutragen.
Doch alles was ich entdeckte, war folgende Tafel:
Pfffft!
Funny Moments – Amüsante, schräge, verwirrende, überraschende Augenblicke aus dem täglichen Leben, welche dieses so lebenswert machen.