Samstag, 18. April 2009, von staromat

Steckdosen per Telefon

Oberflächlich wie unsere Gesellschaft nun einmal ist, werden Spammails voreilig als unnötig, lästig und zeitraubend bezeichnet. Dabei enthalten sie teilweise nur schon in ihren Betreffen reinste Poesiebouquets. Logorö.ch verleiht ein weiteres Mal die begehrten „Spammy“-Trophäen für die wirklich kreativen Viagra-Penisverlängerungen-Billigkredit-Schleudern…

Gleich vorweg: Diverse Spammaschinen scheinen derzeit massive Probleme mit ihren Datumseinstellungen zu bekunden. Die Hälfte der Nachrichten in meinem Spammail-Account (eine alte Mailadresse, die bloss noch für den Erhalt von Werbebotschaften existiert) trägt Titel wie „Frohe Weihnachten!“, „Ein Weihnachtsgeschenk für Sie!“ oder – mein Favorit – „Weihnachten ist Potenzzeit“. Einige versuchen, dies dichterisch umzusetzen „Like santa in december we bring you mega member“ (was auch immer damit gemeint ist), andere liegen bloss bei den Temperaturen daneben „An kalten Tagen warme Fingerhandschuhe“.

Weg von den Festtagen, hin zum hauptsächlichen Business. „Wir wissen was Frauen wollern!“ Knapp daneben ist auch vorbei. Egal. Eine Teresa Schulz schreibt mir: „We can’t resize your whole body, but we can resize the most important part of it“ Da haben wir ja noch einmal Glück gehabt. Was nützt mir denn auch ein grösserer Schniedel, wenn der Rest meines Körpers ebenfalls vergrössert wird und mein most important part im Verhältnis dementsprechend dann doch wieder zu klein ist. Ohnehin: Wer behauptet eigentlich, dass mein bestes Stück überhaupt zu klein ist? (Mal abgesehen von den 2’000 anderen Spammails mit demselben Inhalt natürlich.)

Ebenfalls mit Grössenangaben schlägt sich folgende Nachricht herum: „Every millimeter of this watch is perfect!“ Ich habe noch nie eine Uhr in Millimetern gemessen, aber jedem das seine.

Zurück zum Sex. Da habe ich nämlich noch einen kleinen Interessenskonflikt. Während ich von Bud Sexton informiert werde, dass „40 Minuten Sex – kein Problem“ darstellen, schreibt Deon Warz „Entspannt 50 Minuten nicht kommen“. Das geht so nicht auf. Was mache ich in den restlichen 10 Minuten? „Steckdosen per Telefon“ bestellen?

Noch eine letzte Nachricht aus diesem Gewerbe, welche es in sich hat. „Why shaving your beautiful vagina matters!“ Ich habe extra nochmals nachgesehen, aber ich besitze wirklich keine solche. Erreicht dieses Spammail demnach zu geschätzten 50% den falschen Empfänger? Andererseits: Ein Mail mit einem solchen Titel wird definitiv nur von Seiten des männlichen Geschlechts geöffnet. Lose-Lose-Situation würde ich mal sagen…

Dann wäre da noch ein wirklich gutes Angebot „Pick your free 800% Bonus“, eine Weisheit, die mein zukünftiges Leben komplett verändern wird „Pommes Frittes essen macht fett“, sowie ein reisserischer Angst-mach-Titel „kills dangerous bacteria dead“.

Und dann entdeckte ich sie doch noch. Eine an mich als fürsorglichen Erzieher gerichtete Nachricht, welche inmitten all dieses Schrottes beinahe untergegangen wäre und die mir beweist, dass man auch aus Spammails seinen Nutzen ziehen kann.

„Laute Kinder? Geben Sie ihnen ein kleines TV-Gerät mit DBV-T“

Logorö.ch setzt sich immer wieder gerne Spamwellen aus und berichtet darüber:

Konsumtempel: Produkte, Markenartikel, Superschnäppchen – Wer permanent an der Angel des Kapitalismus hängt, dem hilft ein Gang in den logoröischen Erholungs-Schrein.

Hier geht’s zu weiteren marktschreierischen Angeboten!

 

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