Gesund bleiben trotz Arbeit
Wie es sich für loyale Staatsangestellte gehört, habe ich meinen Körper bereits zu Lebzeiten dem Kanton überlassen. Wie jedoch bringe ich diesen bis zur Pensionierung einigermassen schadlos über die Runden (meinen Körper, nicht den Kanton)? Die tägliche Arbeit in einem Vorbüro kann ganz schön in die Knochen gehen. Ein kleiner Gesundheitsleitfaden hilft weiter.
- Bei stets gleichbleibenden Handbewegungen ist eine Arthrose Ihrer Fingergelenke einzig eine Frage der Zeit. Ihre Maushand ist diesbezüglich besonders gefährdet. Kehren Sie den Spiess um und machen Sie aus Ihrer Maus ein Trainingsgerät, indem Sie diese mit der ganzen Hand wie einen Tennisball fest umschliessen und danach in hohem Bogen mit einem Arbeitskollegen Ihrer Wahl hin und her werfen (für eine kabellose Mausvariante wenden Sie sich bitte an Ihre Informatik-Abteilung).
- Langwierige Akturierarbeiten gefährden den letzten Rest Ihrer Fantasie, hauptsächlich durch das sogenannte „Bläulen“, das Beschriften der Akten mit der jeweiligen Nummer des Inhaltsverzeichnisses. Bringen Sie ungeniert Ihr 200teiliges Caran-D’Ache-Acrylfarben-Set zur Arbeit mit und malen Sie sich farbenfroh durch die Akten. Und statt stupide bloss die Ziffern durchzunummerieren, erfinden Sie Zahlenrätsel, mathematische Gleichungen, Sudoku-Aufgaben mit den jeweiligen Aktoren als Lösung. Die später Lesenden werden sich über den zusätzlichen Ratespass freuen.
- Eine dauerhafte Bildschirmbestrahlung schadet Ihren Augen. Arbeiten Sie wenn immer möglich mit ausgeschaltetem Monitor. Auf diese Weise wird zusätzlich Ihr Vorstellungsvermögen trainiert. Sollte Ihr Chef sich über Ihre allfällig gesunkene Leistungsperformance beschweren, besprechen Sie seine Kritikpunkte bei einem spontan einberufenen Abendessen in der Blinden Kuh.
- Drucker sowie Kopiergeräte sind aufgrund ihrer Feinstaub-Emissionen Werkzeuge des Teufels. Es wird derzeit noch unter Verschluss gehalten, doch eine 50 Jahre dauernde Feldforschung der Firma HP musste abgebrochen werden, weil keine einzige Person der Versuchsgruppe dieses Alter erreichen konnte. Es wird empfohlen, nicht mehr als zwei A4-Blätter täglich auszudrucken und Kopierarbeiten mit mehr als fünf Abzügen durch zweistündige Spaziergänge auf dem Land aufzulockern.
- Wer während der Arbeit Radio hört, setzt das ganze Büro elektromagnetischen Wellen (sowie dem heutzutage ausgestrahlten Stumpfsinn) aus. Dabei könnte die Musik eine entspannende Oase in der täglichen Hektik sein. Ersetzen Sie das Radiogerät mit einem Xylophon, einer Harfe oder einem Triangel – je nach Ihren musikalischen Fähigkeiten. Singen Sie mit Ihren Arbeitskollegen zusammen einen Kanon, zum Beispiel „Es chrücht es Schnäggli“. Wenn der Chef plötzlich auftaucht, wechseln Sie unmittelbar auf „Hejo, spann den Wagen an“.
Einer gesunden und glücklichen Vorbüro-Zeit steht nun nichts mehr im Wege. Sollte Ihnen trotzdem hin und wieder die Motivation fehlen, bleibt immer noch die Hoffnung, dass auch der Kanton Zürich bald das Modell des Ostschweizer Landwirtschaftsverbandes übernehmen wird. Deren Bauern sind dazu übergegangen, Flipperkästen in ihren Ställen zu installieren. Seither geben die Kühe zwar kaum noch Milch, holen aber jede Menge Freispiele.
Die Kolumne „Vor dem Büro“ erschien von 2009 bis 2013 in der Letzten Pendenz, dem Mitarbeiter-Magazin der Staatsanwaltschaft Zürich. Staromat schilderte darin die Welt der Justiz aus den Augen einer männlichen Sekretärin.