Black statt White
Just in diesen Tagen werden sie aus dem Verkehr gezogen, die letzten Schwarz-Weiss-Fotoautomaten, die in der Schweiz noch betrieben wurden. Für viele, die früher jung waren, verschwindet mit ihnen ein Stück der eigenen Jugendkultur, für die heutigen Kids dürfte der Verlust weniger gravierend sein. „Ey Mann! Isch sowieso mit ohni Farb gsi, dä Schrott!“. Ich selbst war nie ein grosser Sammler der viereckigen Schwarz-Weiss-Portraits, wurde jedoch einmal vom Automaten beim Hauptbahnhof so ziemlich aus dem Alltag geworfen.
Es dürfte bald 10 Jahre her sein, da benötigte ich für was weiss ich ein Portrait von mir. Ich begab mich also zur Tramhaltestelle vor dem Hauptbahnhof und setzte mich in den sich dort befindenden Fotoautomaten. Stuhl runterdrehen, 4 mal angestrengt locker in die Scheibe blicken und ab nach draussen den faulen Eiergeschmack des Entwicklers riechen gehen.
Nach den üblichen 2 bis 3 Warteminuten ploppte der Bildstreifen in die Ausgabe. Ich schnappte ihn mir und wollte mich schon auf den Rückweg machen, da erkannte ich, dass ich folgende vier Bilder in den Händen hielt:
Okay. Es kennen mich vielleicht nicht alle Logorö-LeserInnen persönlich, aber ich kann euch versichern: das bin nicht ich!
Zurück also zum Automaten. Ich musste aus Versehen den Streifen des vor mir Abgelichteten erwischt haben. Doch, weit und breit befand sich keine auch nur annähernd den Portraits in meinen Händen gleichende Person.
Das war das eine. Dass aber auch nach über einer Viertelstunde Wartezeit meine eigenen Bilder nicht aus dem Automaten kommen wollten, machte mich dann doch schon ein bisschen nervös. Ich warf einen kurzen Kontrollblick in den am Fotoautomaten montierten Spiegel. Alles wie gehabt. Kafkas Käfer blieb Literatur.
Irgendwann wurde mir die Angelegenheit zu doof und ich ging unverrichteter Dinge von dannen. Den falschen Fotostreifen liess ich jedoch mitgehen (schliesslich hatte ich auch 1 Franken für 4 Fotos bezahlt) und legte ihn zuhause auf den Stapel der Zum-Aufbewahren-Dinge.
Beim Eintippen der obigen Zeilen entmystifizierte sich mir (leider) soeben das Geheimnis der falschen Bilder. Der Automat litt vermutlich bloss unter einer Verzögerung der Bildentwicklung und gab stets die Bilder des Vorgängers eine Person zu spät aus. Ich hätte somit einzig nochmals 4 Bilder von mir (oder noch besser von der leeren Wand) anfertigen lassen müssen und dann hätte ich meine ersten 4 Fotos in den Händen gehalten.
An besagtem Tag dürfte ich somit nicht die einzige verwirrte Person geblieben sein und es würde mich natürlich schon ein bisschen interessieren, ob denn mein Fotostreifen von damals auch bei irgend jemandem zuhause den Weg in die Neuzeit überlebt hat.
Funny Moments – Amüsante, schräge, verwirrende, überraschende Augenblicke aus dem täglichen Leben, welche dieses so lebenswert machen.
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