Montag, 17. November 2008, von staromat

Hallo Gott, hier Staromat

Im erbitterten Kampf der Telefongesellschaften um die Gunst der BenutzerInnen geht eine Firma jetzt aufs Ganze: Mit Orange kann man neuerdings direkt mit Gott telefonieren!

Anders kann ich mir die derzeitige Orange Werbekampagne nicht erklären. Die Slogans auf deren Plakaten erinnern eindeutig mehr an ein Gebet, als an ein gutes Angebot. Offenbar hat Orange das Vater unser um einige Zeilen erweitert:

Ich bin meine Mutter, die für uns auf alles verzichtet.

Oooch, die arme Mutter. Auf alles muss sie verzichten. Das ist hart. Und dann leidet ihr Sohn auch noch unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung. Oh jemine!

Ich bin alle Frauen, die ich geküsst habe und alle Frauen, die ich küssen werde.

Also, jedem das seine, aber ich meinerseits bin – wenn ich schon einmal dazu komme, eine Frau zu küssen – enorm froh darüber, wenn diese nicht ich selber bin.

Ich bin mein Lehrer, der nie an mich geglaubt hat und meine Lehrerin, die immer wusste, dass ich es schaffe.

Ja, hatten die beiden denn kein Lehrerzimmer, um sich ein wenig auf eine einheitliche Linie absprechen zu können?

Ich bin alle Menschen, die ich kenne und alle, die ich noch nicht kenne.

Das nun ist für einmal äusserst praktisch! So kann man alle Freundschaftsanfragen auf Facebook gleich selbst beantworten.

Ich bin meine vielen Freunde, mit denen ich lache und die wenigen, mit denen ich weine.

Ich stelle mir gerade die letzte Orange Sitzung vor, wo all diese Slogans nochmals begutachtet wurden. Warum hat da niemand aufgeschrien oder sich wenigstens aus dem Fenster gestürzt?

Ich bin nichts ohne sie, aber mit ihnen kann ich alles.

Mit ihrem Gebet will sich Orange laut ihrem Marketingleiter „noch näher an die Menschen heranführen und die globale Identität mit entsprechend relevanten Botschaften unterstreichen“.

Wow! Die globale Identität mit entsprechend relevanten Botschaften unterstreichen. Das sind noch klar formulierte Ziele! Und da sich der durchschnittliche Telefonbenutzer selbstverständlich vor jedem seiner Anrufe kurz Gedanken darüber macht, bei welcher Telefongesellschaft die globale Identität am relevantesten unterstrichen ist, dürfte Orange uns noch lange Zeit mit ihren Kampagnen unterhalten.

Konsumtempel: Produkte, Markenartikel, Superschnäppchen – Wer permanent an der Angel des Kapitalismus hängt, dem hilft ein Gang in den logoröischen Erholungs-Schrein.

Hier geht’s zu weiteren marktschreierischen Angeboten!

 

3 Kommentare zu „Hallo Gott, hier Staromat“

  1. Sabine sagt:

    genial! als ich die slogans gelesen habe, habe ich nur gedacht: „hä????“

  2. Rudi sagt:

    Hallo Staromat, hier Rudi
    Marketing will Kunden gewinnen und binden. Orange hat es geschafft, dass über ihre Werbesprüche geschrieben wird. Aus Sicht des Marketing ist das Ziel erreicht.
    Zugegeben, diese Werbung birgt Risiken und Nebenwirkungen – ich habe tatsächlich Kopfschmerzen, wenn ich zurzeit ein Orange-Werbeplakat sehe. So gesehen trifft wohl eher zu; mit Orange kannst du dich grün und blau ägern.

  3. Hierro sagt:

    connecting people with orange god…

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