„Willst du mit mir njamm njamm?“
Seit mittlerweile 15 Monaten existieren in meiner Welt keine Kühe, keine Schmerzen und auch keine Autos mehr. Ich nenne diese Dinge nur noch Muuuhs, Bobos und Tuut-tuuts. Wenn das so weiter geht, versteht mich bald die eigene Tochter nicht mehr…
Die Degeneration des elterlichen Wortschatzes verläuft entgegengesetzt parallel zur Entwicklung des kindlichen. Das erste Symptom ist das permanente Verwenden der Verkleinerungsform: Büsi, Omeli, Rössli etc. Speziell abstrakt wirkt dies im Zoo, wenn man vor einem 5-Tonnen-Vieh steht und dieses als „Elefäntli“ bezeichnet.
Als nächstes setzt die korrekte Aneinanderreihung der Satzteile aus. „Häsch gseh detä das Zügli?“, „Häsch nöd gern die Rüebli?“ oder „Chum zieh’s Chäppli a. Häsch warm dänn am Chöpfli du.“
Dann kommt die Sache mit den Namen. Dies beginnt relativ harmlos, indem man eines Tages seine Frau aus Versehen mit dem Namen der Tochter anspricht (immer noch besser als mit dem Namen der eigenen Mutter, aber das ist eine andere Geschichte). Etwas später verwendet man den Namen des Kindes erst für alle anderen Kinder und schliesslich konsequent für alle Personen.
Sobald das Kind dann selbst zu sprechen beginnt, ist man komplett verloren. Die ersten gesprochenen Worte (oder Wortteile) werden dermassen oft enthusiastisch von den Eltern wiederholt, dass sich der Nachwuchs wohl wünscht, sie nie ausgesprochen zu haben. Ich frage zum Beispiel meine Tochter nie mehr, ob sie ein „Mandarinli“ möchte (obwohl sie das bestens verstehen würde), nein, ich sage nur noch „Willst du ein Dlinli?“.
Das geht dann soweit, dass man das Kind gar nicht mehr benötigt, um sich kindisch zu verhalten. Im Büro stand ich nun doch schon einige Male kurz davor, KollegInnen zu fragen, ob sie schon zum njamm njamm abgemacht hätten. Oder wenn ich irgendwo einen Hund sehe, denke ich automatisch sofort „lueg emal dä Wau-Wau!“, egal ob ich die Tochter mit dabei habe oder nicht.
Vielleicht liegt genau hier auch der Wau-Wau begraben, weshalb Eltern sich mit kinderlosen Freunden oft nicht mehr wirklich unterhalten können. Es sind nicht die unterschiedlichen Interessen oder dass man mit ihnen den Mein-Kind-kann-schon-Was-kann-deines-bereits-Dialog nicht führen kann. Es ist für uns schlicht und einfach zu anstrengend geworden, uns längere Zeit in einem verständlichen Deutsch ausdrücken zu müssen…
Kinder, Kinder, Kinder! Patzigste Geschöpfe, die locker und unbeschwert höchste Glücksgefühle und tiefste Wahnsinnszustände auslösen – meist sogar im gleichen Atemzug!