Big father is watching you
Da Little Miss Staromat heute 18 wird (Monate), müssen sich die erziehungsberechtigen Personen in ihrem Umfeld langsam aber sicher mit den Gefahren beziehungsweise den Verlockungen der heutigen Zeit auseinandersetzen: Piercings, Tattoos, Casting-Anmeldungen etc. Die Welt ist kein Ponyhof mehr und wenn doch, dann rauchen die Tiere heutzutage das Gras, statt es zu fressen.
Ich weiss, eines Tages wird sie kommen, unvermittelt, aus dem Nichts heraus, ohne die Möglichkeit sich darauf einzustellen: Die Frage der Tochter nach einem eigenen Natel. Ihre darauf folgenden Argumente sind mir noch von meinen eigenen Kämpfen vor 25 Jahren bekannt (wobei es bei mir natürlich nicht um Mobiltelefone ging, sondern um Commodore 64, Töffli und Samantha-Fox-Poster). „Alle anderen haben auch eines, der Papa ist einfach nur gemein und knauserig und ohnehin fürchterlich bünzlig.“
Dazu kommt in diesem Punkt der Sicherheitsgedanke. Aus dieser Perspektive gesehen, würde man dem Kind ein eigenes Mobiltelefon am liebsten bereits in die Wiege legen. Eine Schwäche, welche von den Anbietern gnadenlos ausgeschlachtet wird.
„Kandy Mobile – für die wichtigste Verbindung im Leben“ oder „i-kids – orten Sie Ihr Kind via GPS im Handy“ lauten die Slogans. Bei zweitem kann man einen „Bewegungsraum“ definieren und erhält sofort eine Warn-SMS, wenn das Kind diesen verlässt. Dumm nur, wenn man den Bewegungsraum falsch definiert und so täglich eine SMS aus dem Kindergarten generiert.
Big Father is watching you. Hinzu kommen virtuelle und reale Gefahren, denen das Kind erst durch den Erhalt eines Mobiltelefons ausgesetzt wird. Herunterladbare Pornographie, Gewaltdarstellungen, Klingeltonabonnemente, wo man eigentlich nur den neusten Bushido-Track wollte, im Kleingedruckten jedoch die nächsten 200 Number-One-Tracks gleich mit hinzu orderte. Selbstverständlich werden bei den Kidphones solch üble Machenschaften gleich vom Gerät selbst verunmöglicht. Man kauft also ein Telefon, bei welchem die meisten Funktionen technisch unterdrückt sind, was die Hersteller dann auch noch als „Special Feature“ anpreisen.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt. Beim Recherchieren zu diesem Text bin ich auf folgende Aussage eines 11jährigen Mädchens gestossen, welches auch im Jahre 2009 noch ohne Mobiltelefon auskommt:
„Ich finde es nicht schlimm, kein eigenes Handy zu haben, da ich lieber für ein Auto spare.“
Au Backe, das kommt ja auch noch!
Ebenfalls interessant dürfte übrigens noch folgender Fact sein: Du erhältst also im Alter von vielleicht 3 Jahren bereits ein Telefon, mit welchem du auf bloss 4 vorprogrammierte Nummern anrufen kannst (mit einprogrammierter Sicherheitsschlaufe: sollte einer der 4 nicht abnehmen, klingelt’s einfach beim nächsten). Nur gerade mal 70 Jahre später hängen sie dir dann wieder ein Telefon mit bloss 4 Tasten um den Hals und auch da wird verkaufsfördernd die integrierte Sicherheitsschlaufe gepriesen).
In der Zeit dazwischen darfst du ein normales Telefon benutzen.
Kinder, Kinder, Kinder! Patzigste Geschöpfe, die locker und unbeschwert höchste Glücksgefühle und tiefste Wahnsinnszustände auslösen – meist sogar im gleichen Atemzug!