Mittwoch, 3. Januar 2007, von deif

Schau mir in die Augen, Kleines.

Er ist etwas Unscheinbares und doch so Bedeutungsvolles: der Blick in die Augen des Gebenübers! Der Blick gehört zur Körpersprache und da wir – im Gegensatz zu den gesprochenen Sprachen – kaum etwas darüber in der Schule gelernt haben, hier etwas Aufklärung.

Der Blick als Kommunikationsmittel spielt nicht nur beim Menschen, sondern auch bei anderen Säugetieren eine Rolle. Ich erinnere mich an ‚Gorillas in the Mist‘, den Film über die ermordete Verhaltensforscherin Dian Fossey. In einer Szene sitzt die Zoologin nahe beim Obergorilla und tut so, als ob sie Urwaldblätter essen würde. Den Blick in die Augen des Ranghöchsten vermeidet sie, da der Boss dies als Provokation empfinden würde. Und wer will schon freiwillig von einem Gorillabullen verprügelt werden?

Zugegeben: Das Experiment bleibt den meisten von uns vorenthalten, sind Gorillas in unseren Breitengraden doch eher schwach vertreten. Was ähnliches kann aber jede und jeder bei Hunden beobachten: Schaut man nämlich einem solchen direkt in die Augen, so beginnt dieser meist die Zähne zu zeigen, zu knurren, zu bellen oder im ärgsten Fall zu schnappen und beissen. Kampfhunde sollen auf diesem Gebiet ja besondere Sensibelchen sein. Ach ja, es funktioniert auch mit Türstehern.

Der Blick spielt bei uns Menschen, dem mit der grössten Grosshirnrinde ausgestattete Säugetier, eine noch grössere Rolle. Hängt dies damit zusammen, dass unsere scharfen Augen und die Rechenleistung unseres Hirns die feinen Signale unserer Körpersprache besser erfassen und unterscheiden können? Oder ist der menschliche Blick schlicht bis heute am besten erforscht?

„Schau mir in die Augen, Keines.“ Der Satz, den jedes Kind kennt und den Film Casablanca zur Legende machte. Weshalb aber sagt Rick alias Humphrey Bogart dies zur Ingrid? Wo schaute sie denn bislang hin? Auf den attraktive(re)n Barkeeper? Auf die schon leere Zigarettenschachtel? Oder doch nicht etwa auf seinen Hintern…? Nun, scheinbar fühlte Rickey sich zu wenig beachtet und hatte deshalb einen Grund, um ihre Aufmerksamkeit auf sich (seine Augen) zu lenken.

Schnitt! Neue Szene: Ich stehe wieder mal an einem dieser kommerziellen Zölle, diesmal ist es eine Kasse im Laden XY (Name der Redaktion bekannt). Die Zöllnerin, also die Kassierin, zieht eifrig meine sieben Sachen über die Piepscheibe. Vom selben Schicksal erfasst wird meine super Kundenkarte, die darauf hin mit einem Knall auf dem plexigläsernen Tresen vor mir zur Ruhe kommt. Das Geld wechselt zügig den Besitzer und auch die zum x-ten Mal verneinte Frage, ob ich zu den Numismatikern gehöre, wurde mir gestellt. Ich frage mich langsam auch, und zwar ob diese Firma nicht coopfridstutz mal ein grosses NIX-MARKEN auf meine Karte schreiben könnte? Gut, es ist eine Lapalie. Mehr aufgeregt hat mich die Dame an der Kasse: Ich bin mir ganz sicher, dass sie alle meine Artikel registriert hat, aber wie ist es mit mir? Die Gute schaute mir kein einziges Mal in die Augen und nein, sie hiess auch nicht Ingrid!

Dritter Schauplatz: Im Regionalbus. Die Sitze schauen da ja nicht alle nach vorne. Es gibt Viererabteile, so wie in den S-Bahnen. Sitzt schon jemand drin, dann werden die restlichen Plätze mit hoher Wahrscheinlichkeit erst dann belegt, wenn alle anderen besetzt sind. Warum? Ist es die blosse Anwesenheit des Gegenübers, etwa dessen Ausdünstungen oder das Geheddere im Beinraum? Nein, es ist der gefürchtete Augenkontakt! In diesem Zusammenhang kennt wohl jede und jeder das Spieglein-Spielchen. Man guckt unauffällig zum Fenster raus, in der Tat beobachtet man aber das Spiegelbild seines Vis-à-Vis. Bis es auf dieselbe glorreiche Idee kommt, sich die beiden Blicke im Glas treffen und man dann schnurstracks und ziemlich geniert wo anders hinguckt.

In öffentlichen Transportmitteln wie auch bei anderen Gegebenheiten ist die Dauer des Blickkontaktes von grosser Bedeutung. Gemäss meiner Erfahrung beträgt der sozial zulässige Grenzwert etwa eine knappe Sekunde. Wird er überschritten, dann fängt es an zu hirnen: Will die oder der was von mir? Ist der sauer auf mich? Hängt mir eine Nudel an der Nase, so wie beim Loriot?

Zum Abschluss noch ein paar Fälle zur weiteren Veranschaulichung der immensen Rolle unseres Blicks, dieser nonverbalen Kommunikationsart:

Der Redner an einer Konferenz, er schaut nur aufs Blatt.
=> Publikum nickt ein!

Jemand spricht dich an, seine Augen zielen aber in unterschiedliche Richtungen.
=> Meint der etwa mein Alter-Ego?

Du sprichst jemand an, der dich dann nicht anschaut.
=> Hallo, jemand zu Hause?

Bewährter Duell-Trick: Dem Gegner intensiv in die Augen gucken (wird in diesem Fall NICHT als Anmache empfunden …von etwaigen Ausnahmen abgesehen!). Abruppt den Fokus wechseln und zwar etwas neben und hinter den Gegner.
=> Schuss! Victory.

Doch genug der Rede, testen wir’s in der Praxis! Also, Computer abstellen und gaaanz intensiv in die nächsten Augen schauen. Viel Vergnügen! ;-)

DEIF – Ein Name, der für exzellente Homepage-Kreationen (u.a. das Layout dieser Logorö) sowie feinfühlige, treffsichere Mitten-ins-Herz-Texte steht.

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