Donnerstag, 1. Februar 2007, von staromat

Wir leben Zürich

Wir leben Zürich! Was für ein fantastisches neues Motto für unsere little big city. Und es ist auch unglaublich nah am wirklichen Leben! Es erinnert mich extrem an von Jugendlichen ausgesprochene Sätze voller Inhalt wie „Ey Mann! Gömmer Langstrass oder gömmer McDonalds?“

Diese Woche im Tram mitgehörter Dialog zwischen drei Jugendlichen, welche zwei Reihen hinter mir sassen. (Eigentlich handelte es sich dabei jedoch eher bloss um einen Monolog des Cliquen-Anführers, da die zwei anderen Jungs bloss mit Einschüben wie „Ey! Voll krass!“ oder „Ja Mann!“ am Gespräch beteiligt waren.)

Ihr känned doch dä Sven, oder? [Wie gesagt, hier und an allen folgenden Stellen mit kurzen Pausen stets das doppelte „Ja Mann!“] Hey, dä Sven, dä isch voll krass! Ich mein, er isch würklich dänne!

Ich bin mit ihm und zwei Fraue im Kino gsi. Voll dä Scheiss Film, Mann! A dä Kasse voll peinlich! Sie händ gmeint, dä Sven zahlt, aber er hät gseit, sie müend sälber zahle! Ich mein, er hät sie iglade, aber sie müend zahle! Voll dä Mongo! Uf all Fäll, dä Film isch würklich Scheisse gsi, nachher sind mir in Club, will er hät gseit, er segi Gästelischte! Dänn isch er aber voll nöd Gäschtelischte gsi! Er hät natürlich glich ine welle, aber sie sind dänn z’foifte vor ihn anegstande! Voll krass, ey!

Sehr gerne hätte ich an dieser Stelle sowohl den Filmtitel als auch den Namen des Lokals erfahren, aber dafür blieb leider keine Zeit, denn…

Ich mein, dä Sven isch voll dä Mongo! Aber es isch guet wenn er isch din Kolleg. Will, er kennt viel Lüt! Und au süscht, ich mein, ich säge nie öppis gegen ihn, will er hät Waffe! Und du weisch [mit „du“ sprach er immer beide Zuhörer gleichzeitig an] er hät scho mal eine agschosse, dä Trottel! Aber es isch nöd schlimm gsi, will er isch no Jugendliche gsi.

Für den Fall, dass ich mich einmal anschiessen lassen sollte, notierte ich mir gedanklich, dass dies unbedingt durch einen Jugendlichen geschehen müsste, damit das dann nicht so schlimm sein würde.

Zum Unmute aller im Tram mitfahrenden Zuhörer wendete sich der Sprecher plötzlich ab vom Thema Sven (jetzt wo es gerade so richtig spannend geworden war) und richtete sich direkt an einen seiner beiden Kollegen:

Und wie gseht’s eigentlich bi dir us? Du häsch doch Match gha hüt? Häsch jetzt dörfe spiele oder nöd? Was!?! Nume drü Minute? Häsch wenigschtens Ball berüehrt? Scheisse Mann! Das gseht nöd guet us für dich, wenn sie mached Kaderreduzierig!

Ich blickte kurz zurück. Scheisse Mann! Der Angesprochene war vielleicht 16 Jahre alt und musste sich bereits mit Kaderreduzierungen herumschlagen. Was für eine Welt wir leben?

Das erinnerte mich dann noch an eine Szene, die ich einmal auf einem Fussballplatz in Wiedikon erlebte. Wir spielten ein kleines Mätschli unter KollegInnen, als plötzlich ein ca. 14jähriger Jugendlicher auftauchte und ebenfalls mitspielte. Da er unseren Sinn der Sache nicht ganz mitbekommen hatte, machten wir ihn mehrmals darauf aufmerksam, dass weder foulen noch sinnlos dribbeln noch brutal scharf drauflos schiessen bei uns Anklang fänden. Irgendwann machte es Klick in seinem Kopf und er drehte völlig durch. Wir seien allesamt Arschlöcher und er mache uns fertig und er hole jetzt seine Kollegen und dann käme er wieder und dann ginge es uns an den Kragen (Original-Wortlaut: „Ich mach eu tot, Mann!“). Und weg war er. Wie gesagt, wir waren ansonsten eigentlich allesamt Erwachsene auf dem Platz.

Auf meine Bemerkung, ou ou, wie denn das rauskommen würde, wenn der Kleine mal 20 Jahre alt sein würde, meinte mein Kollege Philippe bloss trocken: „Wenn der so weitermacht, wird er keine 20ig.“

Wir leben Zürich? Ja aber voll krass, Mann!

Phil & Sophie: Gedanken über Gott, die Welt und alles was sich dazwischen und darum herum befindet.

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