Samstag, 6. Januar 2007, von staromat

Kompliments-Dilemma

Heute Mittag im Volkshaus-Café: Ich sitze mit dem Tages-Anzeiger an meinem Tisch und warte auf meine Bestellung. Da ich die Zeitung eigentlich am Morgen bereits gelesen habe, schweifen meine Augen ein wenig im Café umher. Es läuft nicht viel, das neue Jahr zeigt hier noch seine Startschwierigkeiten. Einzig in der Ecke sitzt eine junge Frau, nippt an einer Tasse und schreibt hin und wieder Notizen in ein kleines Büchlein. Sie sieht sehr schön aus, wirkt irgendwie zufrieden. Als sie mit einem sympathischen Lächeln einen weiteren Kaffee bestellt und danach verträumt in die Weite blickt, bin ich in ihrem Bann gefangen. Ihre Aura, die Ambience, alles wirkt wie in einem französischen Film, mit der Ausnahme, dass eine Nebenrolle an mich vergeben wurde und ich zu denken beginne.

In einem solchen Fall geschieht bei mir eigentlich immer dasselbe (also nicht, dass das oft vorkommen würde, aber wenn): je länger die Situation andauert, desto stärker verdichtet sich das Bedürfnis, dieser Person einfach nur mitteilen zu wollen, wie schön sie jetzt in diesem Augenblick gerade aussehen würde. Welchen Schaden könnte das denn schon anrichten? Würde sich nicht jeder über ein solches Kompliment freuen?

Dann aber wieder denke ich, dass dies mit Sicherheit sehr plump wirken würde und die gute Frau ja logischerweise annehmen müsse, ich beabsichtige irgendetwas mit meiner Aktion.

Und irgendwie will ich das ja auch, bloss für einmal vollkommen selbstlos nicht für mich. Aber das kannst du vergessen. Willst du diesen Umstand auch noch in ein paar Worte fassen, gerätst du definitiv auf die falsche Unterlage.

Was wären denn die möglichen Kompliments-Folgen?

Der Idealfall: Sie freut sich über deine Worte, bleibt weiterhin gelassen an ihrem Tisch und lächelt dich vielleicht zwei oder drei mal kurz an, bevor sie (oder du) das Lokal verlässt. Rein theoretische Variante. Vollkommen unrealistisch.

Der Normalfall: Sie blickt dich verwirrt fragend und gleichzeitig leicht aggressiv kritisch an. Die ganze Atmosphäre ist sofort zerstört, wenig später legt sie einige Münzen auf den Tisch und verlässt den Raum auf einer Route, die möglichst weit an dir vorbei führt.

Für bereits vergebene Nicht-Singles, wie ich einer bin, gäbe es da natürlich noch den absoluten Worst Case (welcher zum Glück ebenfalls bloss in der Theorie existiert): Sie freut sich über deine Worte, blickt dich mit einem bezaubernden Lächeln an und erwidert dein Kompliment. Danach bittet sie dich zu ihr an den Tisch, da sie dich gerne näher kennenlernen möchte. Diese Situation würde nicht einmal in einem französischen Film gut ausgehen…

Solche Erlebnisse machen mich stets ein wenig sentimental. Wäre das Leben nicht angenehmer, wenn man offener miteinander umgehen würde? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, in unserer Gesellschaft etwas derart unkonventionelles zu tun ohne gleich als aufdringlich abgestempelt zu werden? Sind all diejenigen Exemplare meines Geschlechts, welche Wochenende für Wochenende nichts anderes unternehmen als „unkonventionell“ Frauen anzubaggern, schuld daran, dass frau nichts anderes übrig bleibt, als abzublocken?

Fragen über Fragen. Und keinerlei Antworten in Sicht. Was bleibt ist die Rückkehr in den nachmittäglichen Berufsalltag, wo man noch zwei, drei mal über den erlebten Moment nachdenkt, bevor diesem dann definitiv seine „Magie“ entschwebt…

Liebeleien – Hier erfahren verliebte Liebende alles über die Liebe. Oder doch LIEBEr nicht?

Hier geht’s hinein ins amouröse Amüsement!

 

2 Kommentare zu „Kompliments-Dilemma“

  1. Hierro sagt:

    Lieber Staromat. Solche realen Momente gibts tatsächlich in San Francisco, USA. Keine blöde Anmache, sondern nur plaudern und zum Schluss good bye, have a nice day. Danach glaub mir, strahlst du den ganzen Nachmittag!

  2. Sandra sagt:

    du wirsch es nöd glaube, aber bi mir isch genau das passiert: ich bin a dä legendäre FEZ i dä kanzlei gsi. det hät mich im gedränge ine än maa ahgsproche. und weisch, was er gseit hät??

    „läck, bisch du schön!“ :-) :-)) :-)))

    und nei, er isch nöd sturzbetrunke gsi. ich glaub, er hät das eifach nett gmeint. ich bin dän ächli irritiert gsi und wahrschinli bini sogar rot worde (hät ja eh niemert gseh, isch ja dunkel det ine), aber ich han zum glück doch no äs merci usegstammlet…

    also ich hans äs mega schöns kompliment gfunde und mich extrem drüber gfreut!!! :-)))

    so wies du beschribs, han ich somit dä idealfall troffe. öb das au für ihn so gsi isch, mag ich jez mal bezwifle. denn ich ich bin nöd vollkomme devo überzügt, dass er das nume us reiner nettigkeit zu mir gseit hät. so ganz ohni hintergedanke isches wahr-schinli scho nöd gsi.

    aber ich han s einzig richtige gmacht, zumindescht für mich persönlich: ich han ganz, ganz nett zrugg glächlet, mich fürs kompliment bedankt und dän bini devo gschwebt. so hani mir und ihm gar nöd erscht d chance gäh, dä einmaligi und ussergwöhnlichi moment irgendwie z zerstöre.

    falls du mich in zuekunft gedankeverlore, aber miteme lächle uf dä lippe im gang ahtriffsch, dän chönts durchus sii, dass ich mich grad a dä schöni moment zrugg erinneret han…

    drum: snächscht mal chaschs anere frau ruhig säge! ich denke, dass sich di meischte drüber freue würded!

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